Posttraumatische Belastungsstörungen
WAS IST EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG?
Circa 2,3 Prozent der Menschen in Deutschland leiden unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Doch was ist ein seelisches/psychologisches Trauma? „Ein Zustand starker Angst, den wir erleben, wenn wir mit einem plötzlichen, unerwarteten, möglicherweise lebensbedrohenden Ereignis konfrontiert werden, über das wir keine Kontrolle haben und auf das wir nicht auf wirksame Weise reagieren können, auch wenn wir uns noch so bemühen.“ (Flannery, 1999)
Es gibt verschiedene Arten von Traumata – einmalige, wiederholte, durch Menschen verursachte, durch (Natur-) Katastrophen oder Unfälle hervorgerufene.
Nicht alle Menschen, die einem Trauma ausgesetzt waren, entwickeln eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS). Es scheint verschiedene Schutzfaktoren (Sinnerleben, soziale Unterstützung, Bewältigungsmechanismen) und Risikofaktoren (z.B. geringes Lebensalter, Vorerkrankungen, familiäre Belastungsfaktoren) zu geben.
URSACHEN
Als ursächlich sind so genannte traumatische Ereignisse anzusehen, denen der/die Betroffene ausgesetzt war oder deren Zeuge/Zeugin er/sie geworden ist.
WELCHE BESCHWERDEN VERURSACHT EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG?
Häufig treten die Beschwerden mit einer Verzögerung von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten auf, in einigen Fällen dauert es auch viele Jahre bis zum Auftreten der typischen Symptome:
- Anhaltende („aufdringliche“) Erinnerungen an das Trauma oder Wiedererleben des Traumas in Form von „Nachhallerinnerungen“ (Flashbacks) oder Träumen; innere Bedrängnis in Situationen, die dem Trauma ähneln oder mit ihm in Zusammenhang stehen
- Umstände, die dem Trauma ähneln oder mit ihm in Zusammenhang stehen, werden vermieden
- Teilweise oder vollständige Unfähigkeit, sich an wichtige Aspekte des Traumas zu erinnern oder anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Übererregbarkeit, die sich in Schlafstörungen, Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Überwachheit oder erhöhter Schreckhaftigkeit zeigen kann
Wenn es wiederholt und über einen langen Zeitraum zu traumatischen Ereignissen gekommen ist, kann auch eine sog. Komplexe PTBS vorliegen. Diese ist gekennzeichnet durch eine massive Störung der Regulation von Gefühlen und Verhaltensweisen, durch Störungen der Wahrnehmung und des Bewusstseins (z.B. Dissoziation, Amnesien), Störungen der Selbstwahrnehmung, der sozialen Beziehungen; durch die Ausbildung körperlicher Beschwerden ohne klaren Organbezug oder Ängste vor körperlichen Erkrankungen sowie durch eine Veränderung in der Lebenseinstellung.
WIE WIRD EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG DIAGNOSTIZIERT?
Die Diagnose der PTBS wird im Gespräch und gegebenenfalls mit Hilfe von Fragebögen gestellt.
WIE WIRD EINE POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG BEHANDELT?
Eine stationäre Therapie kann dann nötig werden, wenn eine Behandlung im häuslichen Umfeld aufgrund von Alltagsanforderungen nicht sinnvoll oder nicht möglich ist (z.B. aufgrund der Versorgung von Kindern oder anderen Angehörigen). Auch aufgrund der Schwere der Erkrankung kann eine Krankenhausbehandlung erforderlich werden. Die vielfältigen Therapieangebote und die Ansprechbarkeit von Therapeut/innen und Pflegekräften ermöglichen eine stützende und schützende Atmosphäre, in der es vielen Patienten möglich wird, sich ihren belastenden Erinnerungen und Symptomen zuzuwenden und einen hilfreichen Umgang mit ihnen zu erarbeiten.
Unsere Behandlung beinhaltet Therapieangebote, die die leibliche, seelische und spirituelle Dimension berücksichtigen.
Leibliche Dimension: Hier kommt der Einsatz verschiedener Medikamente in Betracht. Die medikamentöse Behandlung der PTBS ist jedoch immer eine unterstützende Behandlung, um die oft quälenden Begleitsymptome wie innere Unruhe, Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit oder Antriebsstörungen zu lindern; der Einsatz wird stets im Einzelfall geprüft. In erster Linie werden hierfür Antidepressiva, in seltenen Fällen auch Neuroleptika, eingesetzt. Mit Hilfe der anthroposophischen Medikamente werden die Selbstheilungskräfte angeregt. Äußere Anwendungen, Wickel, Einreibungen und Öldispersionsbäder unterstützen den Gesundungsprozess. Sport- und Physiotherapie ergänzen das Therapieangebot in Bezug auf die leibliche Dimension.
Psychische Dimension: Vermittlung von Wissen (Psychoedukation), therapeutisches Malen, Musiktherapie, Therapeutische Eurythmie, therapeutisches Plastizieren, Gartentherapie.
Spirituelle Dimension: Die spirituelle Dimension findet im Rahmen der Psychotherapie Berücksichtigung. Es finden Einzel- und Gruppengespräche statt. Die trauma-spezifische Psychotherapie ist methodenübergreifend, d.h. sie vereint Elemente von Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologie, Schematherapie und Anthroposophischer Psychotherapie. Folgende Ziele werden verfolgt:
- Aufbau eines neuen Gefühls von Sicherheit
- Ein guter Umgang mit schwierigen Gefühlen und belastenden Erinnerungen
- Aufbau von Bewältigungsmöglichkeiten für problematische Alltagssituationen
- Einordnen des Erlebten in die Biographie
Diese Ziele werden mit Hilfe unterschiedlicher Methoden verfolgt. In den Einzelstunden werden neben dem therapeutischen Gespräch z.B. Imaginationsverfahren oder die sogenannte "Stühletechnik" aus der Schematherapie eingesetzt, es kommen Achtsamkeitsübungen zum Einsatz und/oder die Patient/innen werden ermutigt, bestimmte neue Verhaltensweisen auszuprobieren. Es können Beobachtungsaufgaben oder auch eigenständige Verhaltensexperimente zwischen den Sitzungen vereinbart werden. In den Gruppen besteht die Möglichkeit, mit Hilfe von Rollenspielen neue Verhaltensweisen auszuprobieren (z.B. Grenzen zu setzen).
Des weiteren ergänzen verschiedene Meditationsmöglichkeiten das Angebot in Bezug auf die spirituelle Dimension.
PERSPEKTIVE: LEBEN MIT DER ERKRANKUNG
Die PTBS ist gut behandelbar, die meisten Patienten sprechen positiv auf die Therapie an. Unbehandelt kann die Störung jedoch einen chronischen Verlauf nehmen und in einigen Fällen in eine andauernde Persönlichkeitsänderung übergehen.