Depressionen

WARUM ERKRANKEN MENSCHEN AN EINER DEPRESSION?

Circa drei bis fünf Prozent der Männer und acht bis zehn Prozent der Frauen leiden unter einer behandlungsbedürftigen Depression. Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellen Depressionen weltweit die häufigste Ursache gesundheitlicher Beeinträchtigung dar. Depressionen sind die häufigsten und schwersten psychischen Erkrankungen; sie können zum Suizid führen.

Depressionen können unterschiedliche Ursachen haben. Es wird ein Wechselspiel verschiedener Faktoren als Auslöser angenommen.

1. Stoffliche Ursachen
Depressionen können ursächlich als Nebenwirkung von Medikamenten oder als Folge von Drogen- und Alkoholkonsum auftreten.

2. Biologische Ursachen
Depressionen können konstitutionell veranlagt sein. Es spielen vererbliche (genetische) Faktoren eine Rolle. Das meint, dass bestimmte genetische Faktoren das Risiko erhöhen können, bei Belastungen eine Depression zu bekommen. Häufig finden sich in der Familiengeschichte bei Eltern, Großeltern oder weiteren Verwandten Depressionen.

Bei allen Depressionen lassen sich Veränderungen im Botenstoffsystem und im Regelsystem der Hormone im Gehirn nachweisen. Diese können mit bildgebenden Verfahren sichtbar gemacht werden. Ebenso können auf diese Weise therapeutische Erfolge - sowohl durch medikamentöse als auch sonstige Therapien - nachgewiesen werden.

3. Seelische Ursachen
Depressionen können Folge schwerer seelischer Belastungen (z.B. existentielle Veränderungen der Lebensverhältnisse, Schicksalsschläge wie Tod einer nahestehenden Person, schwere Krankheit, anhaltende Belastungssituationen durch Konflikte in Familie, Partnerschaft oder am Arbeitsplatz) sein. Negative Denkmuster können die Gefährdung (Verletzbarkeit=Vulnerabilität,) eine Depression zu bekommen, erhöhen. Das soziale Umfeld kann in der Entstehung einer Depression ebenfalls eine Rolle spielen (z.B. Einsamkeit).

4. Körperliche Ursachen
Chronische körperliche Erkrankungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken.

WELCHE BESCHWERDEN KÖNNEN BEI EINER DEPRESSION AUFTRETEN?

Körperliche Beschwerden

  • Erschöpfung
  • Müdigkeit
  • Schlafstörungen
  • Früherwachen
  • Morgentief
  • Appetitverlust
  • Gewichtsverlust
  • Libidoverlust
  • verschiedene körperliche Beschwerden


Seelische Beschwerden

  • Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
  • Grübelneigung
  • Innere Unruhe
  • Gefühl der Niedergeschlagenheit
  • Gedrückte Stimmung bis zur Verzweiflung
  • Freudlosigkeit
  • Interesselosigkeit
  • Ängste
  • Beeinträchtigung von Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
  • Schuldgefühle
  • Gedanken über eigene Wertlosigkeit
  • Gefühle der Hoffnungs-/Sinnlosigkeit bis hin zu Todeswünschen und Suizidgedanken

Halten Verstimmung und weitere Beschwerden länger als zwei Wochen durchgehend an, ist an eine behandlungsbedürftige Depression zu denken.

WIE WIRD EINE DEPRESSION DIAGNOSTIZIERT?

Die Diagnose der Depression wird durch ein Gespräch gestellt. Die Schilderung der Beschwerden gibt meist genügend Hinweise auf die Ursache der Depression. Psychologische Tests ergänzen die Diagnose. Testverfahren werden bei uns immer zusätzlich eingesetzt.

Einteilung der Depression

Im Klassifikationssystem der ICD-10 werden depressive Störungen auf der Grundlage von Beschwerden, Schweregrad, Dauer, Verlauf und Häufigkeit wiederkehrender Erkrankungsphasen beschrieben:

  1. Depressive, erstmalig auftretende Episoden, bei der eine Mindestzahl der charakteristischen Symptome mindestens zwei Wochen lang fast durchgehend vorliegt
  2. Rezidivierende depressive Störung, bei der zum wiederholten Male eine depressive Episode aufgetreten ist
  3. Dysthyme (Dysthymie=Schwermut) Störung, bei der depressive Symptome in geringerer Zahl und leichterer Ausprägung über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren sehr häufig vorhanden sind
  4. Anpassungsstörung, bei der depressive Symptome nach einer entscheidenden Lebensveränderung auftreten, die jedoch nicht so zahlreich und nicht so lang anhaltend sind wie bei depressiven Episoden oder dysthymen Störungen

WIE WIRD EINE DEPRESSION BEHANDELT?

Warum eine stationäre Behandlung? Oft können Depressionen ambulant behandelt werden. Aufgrund der Schwere der Erkrankung kann eine stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich werden. Häufig kommt es durch das Verlassen der Alltags-/Überforde­rungssituation bereits zu einer hilfreichen Distanz zu Aufgaben und Konflikten.

Unsere Depressionsbehandlung beinhaltet Therapieangebote, die die leibliche, seelische und spirituelle Dimension berücksichtigen.

Leibliche Dimension: Anthroposophische Medikamente, äußere Anwendungen, Wickel, Einreibungen, Öldispersionsbäder, Sport- und Physiotherapie

Psychische Dimension: Vermittlung von Wissen (Psychoedukation), Patientenschulung, therapeutisches Malen, Musiktherapie, Therapeutische Eurythmie, therapeutisches Plastizieren

Spirituelle Dimension: Psychotherapie (Schematherapie nach J. Young, Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Anthroposophische Psychotherapie), Meditation

Ziel der Behandlung: Verbesserung der Stimmung und der anderen Symptome der Depression, Verbesserung der Lebensqualität

MEDIKAMENTÖSE BEHANDLUNG

Mit den antidepressiven Medikamenten (gehören zu der Gruppe der Psychopharmaka) soll der Hirnstoffwechsel normalisiert werden. Das führt meist zu einer Besserung der depressiven Beschwerden. Es gibt verschiedene Substanzen mit unterschiedlichen Ansatzpunkten. Mit den anthroposophischen antidepressiven Medikamenten werden die Selbstheilungskräfte des Patienten angeregt, wieder in ein gesundheitsförderndes Gleichgewicht zu kommen. Äußere Anwendungen, Wickel, Einreibungen und Öldispersionsbäder unterstützen den Gesundungsprozess.

Musiktherapie
Durch Musiktherapie wird die seelische Schwingungsfähigkeit und Beweglichkeit verbessert. Sie führt zu einer Stärkung der eigenen Gestaltungsfähigkeit, um dominanten Außenwelt-Einflüssen etwas entgegensetzen zu können. Die Auseinandersetzung mit musikalischen Prozessen ist eine Hilfestellung und ein Weg weg von der Reglosigkeit, Verzweiflung und Perspektivlosigkeit hin zu innerer Bewegung, Lebensmut und neuer Perspektive.

Therapeutisches Malen
Es wird meistens in der Nass-in-Nass-Malweise und mit Aquarellfarben gearbeitet, da diese Technik sehr beweglich, lebendig und phantasie-anregend ist. So wird durch die Wirkung der Farbe die seelische Stimmung aufgegriffen und positiv beeinflusst, die seelische Starre in Bewegung gebracht und gelöst und die innere Leere durch bereichernde und sinnvolle Bildinhalte erfüllt. Je nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten/der Patientin können auch andere Techniken, wie z.B. Formen-Zeichnen zum Einsatz kommen.

Therapeutisches Plastizieren
Beim Plastizieren werden die gestaltenden Kräfte angeregt. Der Patient kann sich in liebevoller Hinwendung und handfester Tat mit dem Ton auseinandersetzen.

PSYCHOTHERAPEUTISCHE BEHANDLUNG

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)
Erarbeitung eines individuellen Störungsmodells. Aufbau geregelter Tagesstruktur, Einbau von angenehmen Aktivitäten, aber auch Pflichten in den Tag. Regelmäßige körperliche Aktivität. Ziel: Weniger Rückzug. Wieder positive Erfahrungen machen. Abbau negativer Denkmuster über sich selbst und die Umwelt. Überprüfung der einseitigen Sichtweisen. Ersetzen durch angemessenere, realistischere Denkweisen mit dem Ziel der Erkenntnis: „Manches schaffe ich nicht. Vieles gelingt aber bereits". Training der sozialen Fertigkeiten: Kommunikationsübungen, Rollenspiele (z.B. Kontaktaufnahme mit anderen, sicheres Vertreten eigener Wünsche und Meinungen). Ziel: Stabilisierung des Therapieerfolges, Vorbeugung von Rückfällen, Umgang mit Rückfällen.

Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
Der Schwerpunkt liegt hier auf der Untersuchung (Analyse) der unbewussten inneren Konflikte, die durch negative Erfahrungen in der Vergangenheit entstanden sind. Es geht um Bewusstmachung der unbewussten Konflikte, das Durchleben der damit verbundenen Gefühle. Durch das wiederholte Erleben in der Therapie kommt es zur Auflösung (Katharsis= seelische Reinigung).

Schematherapie nach Jeffrey Young
Die Schematherapie erweitert die Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie um Elemente tiefenpsychologischer Behandlungskonzepte und anderer bewährter Therapieverfahren, wie z.B. der Transaktionsanalyse, der Hypnotherapie und der Gestalttherapie. Die Patienten können schnell in selbstständige Arbeit einsteigen und profitieren in kurzer Zeit und nachhaltig. Die Schematherapie geht davon aus, dass in der Kindheit und im Verlauf des Lebens Schemata, d.h. Verhaltensmuster, erworben werden, die Erinnerungen, Emotionen, Kognitionen und Körperempfindungen beinhalten und das Verhalten krankmachend beeinflussen können. Diese Verhaltensmuster können z.B. durch die Überbetonung von Leistung, Perfektion und Zuverlässigkeit so krankmachend wirken, dass sich eine depressive Symptomatik entwickelt. Durch das Erkennen und das Verändern der Schemata kann die depressive Symptomatik häufig aufgelöst werden.

Anthroposophische Psychotherapie
Die Anthroposophische Psychotherapie erweitert die verschiedenen Psychotherapierichtungen um den Schicksalsgedanken. In Vergegenwärtigung von Vergangenheit und Zukunft – in tatsächlicher Geistesgegenwart- kann eine innere Haltung gefunden und gebildet werden, schwierige Lebens- und Krankheitssituationen zu bewältigen, zu verändern und/oder zu ertragen. Der biographische Entwicklungsgedanke in leiblicher, seelischer und geistiger Hinsicht in Bezug auf das individuelle Leben wie auch das psychosoziale Beziehungsleben eines Menschen ist dabei führend.

PERSPEKTIVE: LEBEN MIT DER DEPRESSION

Depressionen verlaufen meist in Phasen. Meist klingen diese wieder spontan ab. Bei den meisten Patienten kommt es zur vollständigen Ausheilung der Depression.

Eine Depression kann im Laufe des Lebens aber auch erneut auftreten. Auch wenn eine wiederholte (rezidivierende) Depression besteht, gibt es wirkungsvolle Behandlungsmethoden (medikamentöse, bewegungs-, kunst- und psychotherapeutische Behandlungen); meist werden dann Behandlungsmethoden kombiniert.